Die Giganten-Grotten von Huang Shan

Die Giganten-Grotten von Huang Shan: Forschungsbericht von Gregor Spörri

Huang Shan ist ein Gebirge im Verwaltungsgebiet der bezirksfreien Stadt Huangshan in der Provinz Anhui im Süden der Volksrepublik China. Huang Shan bedeckt eine Fläche von 154 km2. Es gibt 72 Gipfel, von denen der höchste, der Lotosblütengipfel, 1864 m über dem Meeresspiegel erreicht. Die ersten historischen Überlieferungen sind gute 3000 Jahre alt. In den Aufzeichnungen aus der Zeit der Han-Dynastie heißt es u.a., Taoisten pilgerten seit mindestens 2200 Jahren nach Huang Shan, um bei dem Berg mit den fünf Gipfeln zu meditieren, der an Blütenblätter einer offenen Blume erinnert.

Geheimnisvolle unterirdische Anlage

Am Unterlauf des Xin’an, 12 Kilometer von Huangshan-City, meißelte eine unbekannte Zivilisation vor unbekannter Zeit eine gewaltige, sieben Quadratkilometer große unterirdische Anlage aus dem Berg. Der sogenannte „Blumenberg“ ist durch den Bau dieser Anlage im Innern beinahe hohl. Chinesische Forscher lokalisierten bisher 36 Grotten. Sie vermuten aber noch weitere Höhlen und glauben, dass sie alle untereinander verbunden sein könnten.

Bei seiner Entdeckung im Jahr 1999, lag das gesamte Höhlensystem komplett unter Wasser. Inzwischen kann der Eingangsbereich der Höhle Nr. 24 mit kleinen Booten befahren werden. Die Höhlen Nr. 2 und Nr. 35 wurden weitgehend leergepumpt, von Schutt und Schlamm befreit und können inzwischen begangen werden. Obschon die Chinesen eifrig alles Zeitgeschichtliche dokumentierten, existieren keinerlei Aufzeichnungen über die mysteriösen Grotten. Auch haben die Einheimischen keine Traditionen oder Legenden entwickelt, wie es bei einem derart gigantischen Bauvorhaben zu erwarten gewesen wäre.

In der Provinz Longyou, 100 Kilometer von Huang Shan entfernt, wurden zahlreiche weitere Höhlen in ähnlicher Bauweise entdeckt. Bis auf eine einzige ausgepumpte und mit einer Deichmauer geschützte Anlage stehen auch sie tief unter Wasser. Ob sie jemals erkundet werden können, ist fraglich, denn durch das Auspumpen wird das Gestein instabil, wodurch die Grotten jederzeit einstürzen könnten.

Die Grotte Nr. 35

Bevor die Grotte erforscht werden konnte, mussten 20.000 Kubikmeter Schlamm und Geröll aus dem Berg heraus geschafft und über 18.000 Tonnen Wasser abgepumpt werden. Von den bisher untersuchten Grotten: Nr. 2, 24, 33, 34 und 35, ist die u-förmige Nr. 35 die größte. Sie erstreckt sich auf einer Fläche von 12.600 Quadratmetern. Die am tiefsten liegenden Bereiche befinden sich weiterhin etwa zwei Meter unter Wasser. Das Tiefen-Gefälle innerhalb der Anlage beträgt stattliche 25 Meter. Die Decken werden von bis zu 4 × 9 Meter großen und 18 Meter hohen Säulen gestützt.

Eine völlig andere Welt

Kaum dass man die feuchtwarme Grotte mit ihren 36 Räumen und Hallen betritt, fühlt man sich in eine völlig andere Welt versetzt. An manchen Stellen glaubt man, durch das Set eines Fantasy-Films zu wandeln. Bizarr geformte Säulen, Podeste, Nischen, Brücken, Gruben und Wege zeigen rätselhafte Formen und Strukturen, wie sie nirgendwo sonst auf der Welt existieren.

Bewohnten einst Riesen diesen Berg?

Mein Staunen wird immer größer, denn nichts scheint hier normal. So gibt es der Grotte Nr. 2 und Nr. 35 zahlreiche, höchst seltsam anmutende, mächtige Gruben, Nischen und Treppen, die eher für Riesen als für normale Menschen gemacht scheinen.

Extraterrestrisch?

Doch das übergroße, riesenhafte, ist bei Weitem nicht alles. Denn da gibt es auch dieses Techno-artige, beinah extraterrestrisch anmutende Design von Wänden, Decken und Säulen. Können primitive Steinzeitmenschen so etwas „gebaut“ haben? Wie hätten sie das bewerkstelligen sollen? Und wieso und wozu? Niemand weiß es!

Steinzeitliche Hochtechnologie?

Beim genaueren Betrachten der Wände und Decken wird alles bereits gesehene und beschriebene noch rätselhafter. Denn ebendiese Wände und Decken sind über hunderte Meter weit mit Ziermustern geschmückt, die derart präzise gefertigt sind, dass man nicht umhinkommt, anzunehmen, die Erbauer der Grotten seien mit modernen Fräsmaschinen am Werk gewesen.

Die Thesen chinesischer Wissenschaftler und Experten 

Bis heute gibt es keine Erklärung für die Existenz der gigantischen Anlagen. Den chinesischen Forschern bleibt daher nur zu rätseln und verschiedene Hypothesen zu entwickeln. Hier eine Auswahl:

Die Steinbruch-These

Die alten Chinesen haben diese Höhlen gegraben, um mit den aus dem Berg geholten Steinen ihre Häuser zu bauen. Mit Schiffen wurden die Steine dann über den nahen Xin’an-Fluss abtransportiert.

Meine Einwände dagegen
1) Zum Bau von Häusern hätte man die Steine sehr viel einfacher im Tagebau gewinnen können.
2) Zwar wurden gut 200’000 Kubikmeter Fels aus dem Berg geholt, was etwa 5’500 offenen Güterwaggons entspricht, aber es wurde bis heute nicht ein einziges Haus gefunden, was aus dem unverwechselbaren gefleckten Gestein des Blumenbergs erbaut worden wäre.
3) Als die Steine aus dem Berg geschlagen wurden, muss der Wasserstand gut 30 Meter tiefer gewesen sein als heute. Der Xin’an, auch beim derzeitigen Wasserstand kein tiefer Fluss, kann zur damaligen Zeit bestenfalls ein kleiner Bach gewesen sein. Die These eines Abtransports der Steine durch Schiffe fällt somit förmlich ins Wasser.
4) Die verhältnismäßig kleinen und komplizierten Zugänge zu den Grotten, deren bizarre Gestaltung, sowie die fein herausgearbeiteten Details und Ziermuster an Decken, Wänden und Säulen, stehen im Widerspruch zur Steinbruch-These.

Die Lagerstätten-These

Die Höhlen dienten einst als Lagerstätten für das Militär. In der chinesischen Geschichtsschreibung ist festgehalten, dass es um das Jahr 1120 zu einem größeren Bauernaufstand in dem Gebiet gekommen war.

Meine Einwände dagegen
1) Anhand der Länge natürlich gewachsener Stalaktiten haben chinesische Forscher errechnet, dass die Höhlen auf jeden Fall vor dem Jahr 300 entstanden sein müssen und damit gut 800 Jahre vor dem Bauernaufstand.
2) Wie schon bei der Steinbruch-These stehen die fein herausgearbeiteten Details und Ziermuster an Decken, Wänden und Säulen, in völligem Widerspruch dazu.

Die Tempel-These

Die Höhlen dienten buddhistischen Mönchen einst als Tempel für ihre religiösen Zwecke und Riten.

Meine Einwände dagegen
1) In den Höhlen fehlen die typischen Darstellungen buddhistischer Gottheiten. Es gibt weder Wandmalereien noch Einritzungen.
2) Die Anlage ist viel zu gewaltig für einen oder auch mehrere Tempel. Es gibt nirgendwo auf der Welt vergleichbare Bauten oder Einrichtungen.
3) Dass sich die Mönche zum Meditieren in finstere Kavernen tief im Innern eines Berges zurückziehen, ist unlogisch. Meine Nachfragen bei buddhistischen Mönchen bestätigen diesen Einwand.

Die Mausoleum-These

Die Höhlen wurden als imperiales Mausoleum errichtet. Ein altes chinesisches Sprichwort besagt: Es ist eine Ehre, in Suzhou zu leben, in Liuzhou zu sterben und in Huizhou (Huangshan) begraben zu werden.

Meine Einwände dagegen
1) Die Chinesen waren seit jeher schreib- und aufzeichnungsfreudig. Wären tatsächlich Kaiserfamilien für dieses großartige Werk verantwortlich, gäbe es mit Sicherheit historische Aufzeichnungen darüber.
2) Die ganze Anlage ist wie bei der Tempel-These, viel zu gewaltig für ein Mausoleum.

Die Schutzbunker-These

Die Höhlen wurden von einer uralten Kultur als Schutzbunker vor einer kosmischen Katastrophe geschaffen. Offenbar hatten sie damit aber keinen Erfolg, denn es gibt keine Aufzeichnungen, Legenden oder Sagen darüber.

Für diese These spricht
Es gibt weltweit zahlreiche uralte unterirdische Grotten und Anlagen, von denen niemand weiß, wer sie wann und wozu errichtet hat. Eine sich global anbahnende Katastrophe könnte durchaus ein Auslöser für außergewöhnliche Bauvorhaben wie diese gewesen sein.

Gegen diese These spricht
Gegen die Schutzbunker-These spricht wiederum die zeit- und arbeitsintensive sowie für diesen Zweck absolut unnötige Innengestaltung der Räume.

Die Mehrgenerationen-These

Die Höhlen sind nicht das Projekt einer einzigen Dynastie oder Periode. Sie wurden über Hunderte oder Tausende von Jahren geschaffen und dienten über Generationen hinweg den unterschiedlichsten Zwecken.

Für diese These spricht
Die Verarbeitungsqualität bei der Ausgestaltung der Räume ist sehr unterschiedlich. Verschiedene Ausbaustufen wären eine gute Erklärung für die Diskrepanzen. Zudem gibt es bis zu 21 unterschiedliche Ziermuster an den Decken, Wänden, Säulen, Gruben usw.

Gegen diese These spricht
Die verschiedenen Ziermuster liegen teilweise sehr nah beieinander oder überschneiden sich sogar. Daraus lässt sich ableiten, dass die Verzierungen zur selben Zeit oder zumindest zeitnah voneinander entstanden sein müssen. So gibt es z. B. rechteckige Gruben oder Grabnischen, in denen vom Platz her maximal zwei Personen arbeiten konnten, ohne einander zu behindern. Dennoch sind diese Wände mit unterschiedlichen Ziermustern versehen.

Weitere Rätsel

1) In der Grotte Nr. 35 gibt es eine 450 Quadratmeter große Decke mit einer Schräge von 45 Grad. Mithilfe von Infrarotstrahlen fanden Forscher heraus, dass die Wand denselben Winkel aufweist wie die Bergflanke. Weiter wurde festgestellt, dass die Stärke des Felsens zwischen Wand und Bergflanke knappe fünf Meter beträgt. Wie um alles in der Welt konnten steinzeitliche Arbeiter wissen, wo genau im Berg sie sich befanden? Mit welchen Gerätschaften konnten sie den Winkel der Wand gegenüber der Bergflanke errechnen?
2) In den Grotten wurden weder Spuren von Ruß noch andere Anzeichen für durch Feuer erzeugtes Licht entdeckt. Wie also konnte diese gewaltige Anlage tief im Berg und völliger Finsternis ohne entsprechende Beleuchtung errichtet werden?

Weitere Überlegungen und Fragen

Über die ganze Welt verteilt gibt es Bauwerke und künstliche Höhlensysteme, die bis zu 35 Meter unter Wasser liegen. Als diese Bauten errichtet wurden, muss der Meeresspiegel also zwingend um 30 bis 35 Meter tiefer gewesen sein als heute. Welche Zeiträume kommen also dafür infrage?
Die letzte Eiszeit begann vor circa 110.000 Jahren und endete vor rund 12.000 Jahren. Während der 100.000 Jahre dauernden Kaltzeit-Periode kam es zu einer massiven Klimaveränderung. Damit verbunden waren unter anderem ausgedehnte Vergletscherungen sowie ein deutliches Absinken des Meeresspiegels. Die darauffolgende post-eiszeitliche Auftau- und Warmzeit-Periode, in der wir uns bis heute befinden, begann demnach vor rund 12.000 Jahren. Damit verbunden war und ist auch der stete Wiederanstieg des Meeresspiegels.

Fazit
Bauten, die heute um die 30 Meter tief unter Wasser liegen, müssen (tektonische Verschiebungen ausgeschlossen), also um die 10.000 Jahre alt sein, weil sie in jüngerer Zeit gar nicht errichtet werden konnten. Dieser simplen, aber bestechenden Logik zufolge stammen auch die Grotten von Huang Shan aus einer Zeit vor der „biblischen Sintflut“.
Doch was für Menschen lebten zu dieser Zeit? Der offiziellen Geschichtsschreibung nach waren es Steinzeitmenschen ohne entsprechendes Wissen und ohne die dafür notwendigen Werkzeuge.
Wer also kann diese und viele andere vorsintflutliche Wunderbauten rund um die Welt demnach errichtet haben?

Weltoffene chinesische Wissenschaftler

Einige chinesische Forscher sind offen für die bis anhin höchst umstrittene Paläo-SETI-These. Ihrer Meinung nach wurden die Grotten in prähistorischer Zeit mit der Unterstützung von Reisenden aus dem Weltraum errichtet. Beim Eingang zu den Grotten wird denn auch ohne falsche Scham auf eine diese Möglichkeit hingewiesen. 

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